Der Fall Humbert-Humbert. Klaus Beier spricht mit Camilo Jiménez über Humbert Humbert, 26.01.08

Vladimir Nabokovs Roman Lolita wurde oft als eine Verharmlosung der Pädophilie angesehen. Aber handelt es sich bei der Geschichte der 12-jährigen Dolores Haze und des 37-jährigen Humbert Humbert tatsächlich um einen Fall von Pädophilie? Professor Klaus Beier antwortet.

Der Leser des Romans hat manchmal den Eindruck, dass Lolita kein durchschnittliches Kind ist. Mehr noch nimmt man wahr, dass sie den Protagonisten, Humbert Humbert, der mit ihrer Mutter verheiratet ist, verführt. In manchen Kulturen hätten beide heiraten und eine Ehe führen können, ohne dass jemand Anstoß daran genommen hätte. Warum würden wir heute Humbert Humbert dermaßen strikt beurteilen?

Bei Lolita ist eine wichtige Überlegung anzuführen: Eine Jugendliche kann nicht mit einem Kind verglichen werden; die Pubertät beginnt bei Mädchen durchschnittlich mit elfeinhalb und bei Jungen etwa mit zwölf Jahren. Zu dieser Zeit stehen die Gehirne massiv unter dem Einfluss von Hormonen. Der Jugendliche befindet sich zunehmend auch auf sexueller Reizsuche – das Kind nicht. Diesem geht es um emotionale Bindungspartner.

Jiménez, Camilo / Verlinden, Britta: Pionierprojekt steht kurz vor dem Aus. Über das Pädophilie-Präventionsprojekt, 26.01.08

Am 30. Mai 2007 veröffentlichten Berliner Sexualmediziner erste viel versprechende Ergebnisse ihres Präventionsprojekts „Kein Täter Werden“. Jedoch droht dem Therapieprogramm das Ende: die Geldgeber fehlen.

Endlich sind die heiß erwarteten ersten Ergebnisse da. Das seit November 2005 laufende, weltweit einmalige Präventionsprojekt für Kindesmissbrauch an der Charité scheint die daran geknüpften hohen Erwartungen zu erfüllen. Von den über 500 Anmeldungen werden derzeit 90 pädophile Männer therapiert, 20 von ihnen haben ihre Behandlung bereits beendet. Die Teilnehmer haben gelernt, ihre Wahrnehmungsstörungen zu erkennen und abzubauen; sie stärkten ihr Verantwortungsbewusstsein, um z.B. sozial unkontrollierte Situationen zu vermeiden; ihnen wurden sowohl Verhaltensstrategien als auch Medikamente an die Hand gegeben, um schwierige Phasen zu bewältigen. Die zentrale Erkenntnis lautet: Sexueller Missbrauch von Kindern lässt sich durch eine gezielte Therapie pädophiler Männer eindämmen.

Drei Gewehrschüsse aus Kolumbien: Die kolumbianischen Schriftsteller Fernando Vallejo, Santiago Gamboa und Memo Ánjel zeichnen ein neues Bild ihrer Heimat

Besprochen von Camilo Jímenez

Die Herkunft.

„Der Roman wurde Antioquia als Gattung versagt. Viel zu viele waren wir, um in Fiktionen zu schwelgen. Außerdem stand unsere Realität immer im harten Licht der Mittagssonne, die jede Art von Atmosphäre ausschloss. Das Rot war rot und das Weiß weiß und basta. Was für eine Atmosphäre kann es geben, wo es dunkel wird und wie aus Strömen gießt in der unermesslichen Ewigkeit um sechs Uhr abends? Ohne Winter, ohne Herbst, ohne Sommer, ohne Zyklone, ohne Brandung, in einer Vorhölle von abgewaschenen Bergen, wo der anmutige Krummsäbel eine einfache Machete ist… Natürlich kann es in Antioquia keinen Roman geben!“[*] Dies scheint offenbar für ganz Kolumbien zu gelten.

„Wir gehen den umgekehrten Weg.“ Klaus Beier spricht mit Jiménez/Verlinden über sein Pädophilie-Präventionsprojekt, 02.06.07

Klaus Beier, Leiter des Präventionsprojekts der Berliner Charité, spricht über pädophile Menschen, den Tabubruch in Deutschland und die Ziele seines Pionierplans zur Behandlung der Pädophilie.

Professor Beier, viele Menschen setzen Pädophilie mit sexuellem Kindermissbrauch gleich. Ist das richtig?

Das ist falsch. Die sexuelle Ansprechbarkeit auf den kindlichen Körper muss keinesfalls zu sexuellen Handlungen mit Kindern führen. Von Interesse für die Prävention sexueller Übergriffe auf Kinder sind aus sexualmedizinischer Sicht daher vor allem die Bedingungen, welche die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass von dem Betroffenen eine pädophile Neigung ausgelebt wird. Das ist dann der Fall, wenn die Betroffenen keine adäquaten Verhaltensstrategien aufgebaut haben, um ihre pädophile Neigung zu kontrollieren. Hierfür gibt es gut geeignete Hilfsmöglichkeiten, welche die Betroffenen aber kaum in Anspruch nehmen, wenn sie für die Neigung selbst verurteilt werden.

„Der Alltag auf der Welt muss sich ändern“. UNO-Vize Achim Steiner im Interview mit Camilo Jiménez über das Weltklima, 08.03.07

UNO-Vize und UNEP-Chef Achim Steiner spricht über die Folgen des jüngsten Weltklimaberichts, über die Möglichkeit eines Weltklimagipfels und erklärt, warum der Alltag des Menschen sich in den nächsten Jahren rasch verändern wird.

Der am 2. Februar 2007 in Paris veröffentlichte Weltklimabericht des von der UNEP geleiteten IPCC stellte dreierlei fest: Der Klimawandel ist im vollen Zug, der Mensch ist für diesen verantwortlich und es muss dringend gehandelt werden, um das Schlimmste zu vermeiden. Was wird die Strategie der UNO sein, um dies zu erreichen?

Wirtschaftlicher und sozialer Umbruch weltweit…wann? UNO Vizegeneralsekretär José Antonio Ocampo im Interview mit Camilo Jimenez, 12.01.07

Interview* mit dem UNO Vizegeneralsekretär José Antonio Ocampo

Auch im Wirtschafts- und Sozialbereich ist der Prestigeverlust der UNO nichts Neues. Schon während der achtziger und neunziger Jahre büßte die Hauptabteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten heftig an Einfluss ein, als die Weltbank und andere Organisationen die Zügel der Weltwirtschafts- und -sozialordnung übernahmen. Aus dieser Ohnmacht heraus zu kommen und eine regulierende und letztendlich definierende Rolle im wirtschaftlichen und sozialen Geschehen zu spielen, sind die Ziele des UNO Vizegeneralsekretärs José Antonio Ocampo. Im Gespräch mit dem AVINUS Magazin sprach der seit 2003 amtierende Leiter der Hauptabteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten über Armut und Elend, über die Weltwirtschaftslage und über seine Bemühungen auf der weltpolitischen Spitze.

Poesie gegen die Kultur des Todes. Fernando Rendón im Interview mit Camilo Jiménez, anlässlich der Verleihung des Alternativen Nobelpreises 2006, 08.12.06

Eine gekürzte Version dieses Interviews erschien am 6. Dezember 2006 in der kolumbianischen Tageszeitung El País (www.elpais.com.co).
 
Das Interview wurde von Britta Astrid Verlinden übersetzt.
 

Das Internationale Festival der Poesie in Medellín (FIPM), Kolumbien, ist das größte und eins der renommiertesten Poesiefestivals der Welt. Als es 1991 vom Dichter Fernando Rendón gegründet wurde, war die weltberühmte Mafiastadt Medellín eine der gefährlichsten und gewalttätigsten Städte der Welt. Ein blutiger Krieg zwischen den von Drogenkartellen geforderten Paramilitärorganisationen und dem kolumbianischen Staat herrschte damals im Lande, und im Mittelpunkt der Kämpfe stand mit rund 60 Toten pro Tag Medellín als „Welthauptstadt der Gewalt“.

Eine Frage der Wortwahl. Tilmann Spohn im Interview mit Camilo Jiménez, 20.10.06

Spohn ist Direktor des Instituts für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der renommierte Akademiker spricht über die Entscheidung der Internationalen Astronomen-Union (IAU), Pluto nicht mehr als Planeten zu bezeichnen.

Professor Spohn, was haben Merkur, Venus, die Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, was Pluto nicht hat?

Horchen auf die Atombombe. Manfred Henger über Atomsprengungen in Nordkorea im Interview mit Camilo Jiménez, 13.10.2006

Wie deutsche Experten auf die nordkoreanische Atomsprengung horchten und nun einen Fehlschlag für möglich halten. Ein Interview mit Manfred Henger, Leiter des Referats für seismische Datenanalyse der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).


Herr Henger, am frühen Morgen des 9. Oktober haben Sie einen Anruf von der CTBTO bekommen, die Sie über seismische Aktivität in Nordkorea informierte. Was wollte man von Ihnen und Ihrem Team wissen?

Jiménez, Camilo: Me too, I’d like the atomic-bomb!, 13.10.06

At the end little has changed in the world since World War II and the atomic warfare of the Cold War days. Nowadays, having the atomic-bomb still means power, and to get a bomb is at this time easier than ever with North Korean nukes topping the lists in the black market this week. The world keeps on standing as is stood in the midst of the 20th Century: vis-à-vis with the threat of a chain reaction of world-wide atomic proliferation.