Jiménez, Camilo / Verlinden, Britta: Pionierprojekt steht kurz vor dem Aus. Über das Pädophilie-Präventionsprojekt, 26.01.08

Am 30. Mai 2007 veröffentlichten Berliner Sexualmediziner erste viel versprechende Ergebnisse ihres Präventionsprojekts „Kein Täter Werden“. Jedoch droht dem Therapieprogramm das Ende: die Geldgeber fehlen.

Endlich sind die heiß erwarteten ersten Ergebnisse da. Das seit November 2005 laufende, weltweit einmalige Präventionsprojekt für Kindesmissbrauch an der Charité scheint die daran geknüpften hohen Erwartungen zu erfüllen. Von den über 500 Anmeldungen werden derzeit 90 pädophile Männer therapiert, 20 von ihnen haben ihre Behandlung bereits beendet. Die Teilnehmer haben gelernt, ihre Wahrnehmungsstörungen zu erkennen und abzubauen; sie stärkten ihr Verantwortungsbewusstsein, um z.B. sozial unkontrollierte Situationen zu vermeiden; ihnen wurden sowohl Verhaltensstrategien als auch Medikamente an die Hand gegeben, um schwierige Phasen zu bewältigen. Die zentrale Erkenntnis lautet: Sexueller Missbrauch von Kindern lässt sich durch eine gezielte Therapie pädophiler Männer eindämmen.

„Wir gehen den umgekehrten Weg.“ Klaus Beier spricht mit Jiménez/Verlinden über sein Pädophilie-Präventionsprojekt, 02.06.07

Klaus Beier, Leiter des Präventionsprojekts der Berliner Charité, spricht über pädophile Menschen, den Tabubruch in Deutschland und die Ziele seines Pionierplans zur Behandlung der Pädophilie.

Professor Beier, viele Menschen setzen Pädophilie mit sexuellem Kindermissbrauch gleich. Ist das richtig?

Das ist falsch. Die sexuelle Ansprechbarkeit auf den kindlichen Körper muss keinesfalls zu sexuellen Handlungen mit Kindern führen. Von Interesse für die Prävention sexueller Übergriffe auf Kinder sind aus sexualmedizinischer Sicht daher vor allem die Bedingungen, welche die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass von dem Betroffenen eine pädophile Neigung ausgelebt wird. Das ist dann der Fall, wenn die Betroffenen keine adäquaten Verhaltensstrategien aufgebaut haben, um ihre pädophile Neigung zu kontrollieren. Hierfür gibt es gut geeignete Hilfsmöglichkeiten, welche die Betroffenen aber kaum in Anspruch nehmen, wenn sie für die Neigung selbst verurteilt werden.