Shilik, Maria: Der Dokumentarfilm als Showbühne – Der Versuch eines Helge Schneider-Porträts, 24.07.2015

Besprochen von Maria Shilik

  • Mülheim – Texas: Helge Schneider hier und dort, Regie: Andrea Roggon, Produktion: Deutschland, Laufzeit: 93 Min.

 

Ein Dokumentarfilm über den Künstler Helge Schneider – ist das überhaupt ohne Inszenierung möglich? Wie kann man hinter die verschiedenen Masken eines Menschen blicken, der sein Hauptkapital aus anarchischem Humor und Rollenwechseln schlägt? Die Filmemacherin Andrea Roggon bekommt die Chance, Schneider mit einer Kamera vier Jahre lang zu begleiten und einen Blick hinter die Kulissen des Multitalents zu riskieren. Herausgekommen ist ein Portrait, das sich laufend selbst dekonstruiert und mit erzählerischen Konventionen bricht.

Shilik, Maria: Der Unabomber revisited: Über „Spuren eines Unsichtbaren“ von Stefan Preis, 22.07.2015

Besprochen von Maria Shilik

  • PREIS, Stefan: Spuren eines Unsichtbaren – Der Fall Kaczynski als Bibliotheksphänomen betrachtet. Wissenschaftlicher Verlag Berlin 2015.

Wenn Terror Menschenleben fordert, bemühen sich Medien, Aufklärungsorgane und Polizei um schnelle, plausible Erklärungen und Motive für die Vorkommnisse: Teils um die Sensationslust der Menschen zu befriedigen und damit mehr Öffentlichkeit zu erreichen, teils um weitere Gewalt zu verhindern, vielleicht aber auch um weitere Spekulationen und Nachforschungen zu stoppen. Nach der Auflösung des Rätsels hinter dem sogenannten ‚Unabomber‘, der zwischen 1978 und 1995 mehrere Anschläge mit insgesamt drei Toten und 23 Verletzten in den USA verübt hatte, begnügten sich die Ermittler damit, den Täter Theodore Kaczynski zunächst nur als einen einsamen Menschen mit emotionalen Problemen zu beschreiben. Jedoch war Kaczynski ein hochbegabter, ehemaliger Mathematikprofessor, der sich in den 1970er Jahren zurückzog, um allein in einer Blockhütte im Wald zu leben. Er gehörte mit seinen Taten keiner Gruppierung oder Bewegung an, hatte aber durchaus seine eigene politische Motive, die er 1995 in einem ,Manifest‘ veröffentlichte.

„Lilting“ – Die Grenzen der Kommunikation

Besprochen von Anne Brauer

  • Lilting, Regie: Hong Khaou, Produktion: UK 2014, Laufzeit: 86 Minuten.

Manchmal lässt sich mehr sagen, indem nichts gesagt wird, oder, wie im Fall von „Lilting“, vieles nur in Andeutungen geschieht. Der mehrfach nominierte Film erzählt die Geschichte von Junn (Cheng Pei-pei), einer chinesisch-kambodschanischen Rentnerin. Vor vielen Jahren ist sie mit ihrer Familie nach England gezogen, um ihrem Sohn Kai (Andrew Leung) bessere Chancen zu bieten. Nach dem Tod ihres Mannes wird Kai ihr einziger Bezugspunkt, da sie sich auch nach all den Jahren in der Fremde weigert, Englisch zu lernen. Inzwischen lebt sie in einem Altersheim, was sie ihrem Sohn zum Vorwurf macht.

Galerie im Turm: Die Ästhetik des Widerstands

Besprochen von Leif Allendorf

Der vor gut drei Jahrzehnten verstorbene Peter Weiss ist der große Unzeitgemäße. Wenn man heute das Fernsehinterview mit dem Schriftsteller, Künstler und Filmemacher aus den 80er Jahren betrachtet, fühlt man sich in eine andere Welt versetzt. Die Vorstellung, mit Kunst die Gesellschaft zu verändern, ja der Gedanke, die Gesellschaft überhaupt verändern zu können, erscheint heute utopischer denn je.

Verbrecher und Menschenkenner zugleich

Besprochenvon Andrea Hajnalka Meisel

  • Köhlmeier, Michael: Die Abenteuer des Joel Spazierer. München: Hanser, 656 S., 24,90 €.

In Michael Köhlmeiers Roman „Die Abenteuer des Joel Spazierer“ durchreist der Hochstapler András Fülöp, der sich Joel Spazierer nennt, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Länder Mitteleuropas. Seine Reise, die in Ungarn beginnt, führt ihn über Österreich, Deutschland bis nach Mexiko und wieder zurück ins heimische Wien. Dabei entpuppt er sich mehr und mehr als skrupelloser Betrüger, Manipulator, Hochstapler und Mörder, während der Leser gleichzeitig über seine eigene Sympathie mit dem Helden staunt.

Paul Lukas: „Vinyl“

Besprochen von Julia Schmidt

  • Paul Lukas: Vinyl. Milena: Wien 2012. 232 Seiten.

Wie ein ständiges Auf und Ab, himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt: so beschreibt Paul Lukas in seinem Roman „Vinyl“ die Liebesbeziehung zwischen dem Ich-Erzähler und seiner großen Liebe, der unberechenbaren und kompromisslosen Nadja.

Der Protagonist, ein ehemaliger Musiker, dessen Namen der Leser während des gesamten Romans nicht erfährt, arbeitet in einer Berliner Plattenfirma und führt ein trostloses Leben. Immer wieder springt er  zurück in die Vergangenheit und erzählt, wie er seine große Liebe Nadja kennenlernte, wie sie sich verliebten, wie sich ihre Beziehung entwickelte. Und wie er zu seiner Band, den „Sonntagsmördern“ kam, mit denen er so viele Jahre verbracht und gespielt hat.

Das Geheimnis hinter der Maske

Besprochen von Nicolai Busch

  • The Dark Knight Rises, Regie: Christopher Nolan, Produktion: USA, Großbritannien, Laufzeit: 165 Minuten.

Es ist sicher kaum möglich, “The Dark Knight Rises“ zu sehen, ohne an Christopher Nolans zweiten Teil der Batman-Triologie zu denken. Wer den 2008 erschienenen Vorgänger erlebt hat, erinnert sich vor allem an eines sehr genau: Ein von tiefen Narben geziertes, weiß-rot geschminktes Gesicht mit grün gefärbten Haaren und gelben Zähnen, flatternde Spielkarten mit Hofnarren darauf und grässlich schallendes Gelächter. In seiner vielleicht brillantesten Rolle als Joker bleibt Heath Ledger für viele unvergessen.

P.D. James – Der Tod kommt nach Pemberley

Besprochen von Pia Klein

  • P.D. James: Der Tod kommt nach Pemberley. Kriminalroman. Droemer 2013. 384 Seiten, 19,99 Euro.

Die bekannte Krimiautorin P.D. James wagt sich an daran, „Stolz und Vorurteil“, den Klassiker von  Jane Austen, weiterzuschreiben. Ein Unterfangen, welches bekanntermaßen nicht im Sinne Austens gewesen wäre, hat die doch in ihrem Roman „Northanger Abbey“ unmissverständlich klargemacht, dass sie von Schauergeschichten überhaupt nichts hält. Dennoch kommt bei James der Tod nach Pemberley.