Hißnauer, Christian: Episodischer Variationsreichtum: Innovative Krimiserien abseits des ‚Quality TV‘, 18.08.2016

Episodischer Variationsreichtum: Innovative Krimiserien abseits des ‚Quality-TV‘.
Boomtown, Motive, Accused, Countdown und Krimiprinzipien jenseits ‚klassischer‘ Whodunit– und Howcatchem-Dramaturgien

Christian Hißnauer[1]

Der Mörder war wieder der Gärtner
Und der plant schon den nächsten Coup
Der Mörder ist immer der Gärtner
Und der schlägt erbarmungslos zu

Reinhard Mey: Der Mörder ist immer der Gärtner (1971)

Die Originalität liegt in anderem. Die Tatsache, daß ein Charakteristikum des Kriminalromans in der Variation mehr oder weniger festgelegter Elemente liegt, verleiht dem ganzen Genre sogar das ästhetische Niveau.
Bertolt Brecht[2]

Auch abseits des vielgerühmten, zuweilen überbewerteten, ‚Quality-TV‘ finden sich innovative – zumindest unkonventionelle – Serienproduktionen; oft übersehen und unterschätzt.[3] Das gilt auch für den immer noch (bzw. immer wieder) boomenden Bereich der Krimiserien.

Karl, Alexander: Erfolg in der Nische? Die Webserie „Hunting Season“ über schwules Großstadtleben, 7.11.2014

Männer haben es schwer im Fernsehen. Zumindest, wenn es sich um homosexuelle Männer handelt und deren Beziehungsleben dargestellt werden soll.

Auch wenn in deutschen Soaps wie „Lindenstraße“ oder „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ sowie in amerikanischen Serienhits wie „Six Feet Under“ oder „Glee“ homosexuelle Beziehungen von Männern existieren, wird die Körperlichkeit oftmals verhaltener dargestellt. Wo bei heterosexuellen Paaren ein Abschiedskuss ausgetauscht wird, ist es bei homosexuellen manchmal nur eine Umarmung. Ähnlich verhält es sich mit Sexszenen. Natürlich gibt es Ausnahmen: Die Showtime-Serie „Queer as Folk“ etwa, die Anfang der 2000er das Leben einer schwulen Männerclique abbilden wollte und dies oftmals explizit (und leicht bekleidet) tat. Mit der HBO-Serie „Looking“ folgte zuletzt ein thematisch ähnliches gelagertes TV-Projekt. Doch es scheint so, als wäre die Nische der männlichen Homosexualität zumindest fürs traditionelle Fernsehen zu klein, als dass eine Vielzahl von Formaten angeboten werden könnte.

Alles auf Anfang – Reboots im Hollywood-Film. Dr. Oliver Schmidt im Interview mit Alexander Karl, 29.07.2014

Was haben die aktuellen Filme über „Transformers“, „James Bond“ und „Batman“ gemeinsam? Sie sind erfolgreiche Reboots bereits existierender narrativer Welten und Franchises, sagt der Medienwissenschaftler Dr. Oliver Schmidt. Der Begriff Reboot, so Schmidt, tauchte etwa 2008 in der filmjournalistischen Presse auf und findet seit kurzem auch seinen Weg in den filmwissenschaftlichen Diskurs.
Im Rahmen der Tagung „The Cinematic Space: Experience, Knowledge, Technology“, die zugleich die Abschlusskonferenz des Forschernetzwerks „Erfahrungsraum Kino“ war, referierte Schmidt über „Hollywood Reboots – Zur Transformation medialer Erfahrungswelten“. Im Interview mit Alexander Karl spricht er über die Besonderheiten des Reboots, den Unterschied zum Remake und die Bedeutung des Zeitgeists.

Bei Märchen gibt es kein Copy-Paste. Prof. Susanne Marschall im Interview mit Alexander Karl, 19.10.2013

Die Tübinger Professorin Dr. Susanne Marschall ist nicht nur Expertin für Filme und Serien, sondern auch für Mythen und Märchen. Sie selbst ist ein großer Fan von Jean Cocteaus Die Schöne und das Biest. Mit Alexander Karl sprach sie über den Subtext in Märchen, die Rückbesinnung auf die Düsternis und das Frauenbild in Twilight.

Alexander Karl: Frau Marschall, sind Märchen Kinderkram?

Susanne Marschall: Nein, ganz im Gegenteil. Zwar wurden die bekannten Märchen der Gebrüder Grimm überwiegend als Kinderliteratur rezipiert, doch wenn man genauer hinsieht, entdeckt man viele „erwachsene“ Themen und zwar gerade in den bekannten Märchenstoffen. Tod, Einsamkeit, Ausgrenzung und schließlich Sexualität sind wichtige Themen des Märchens.

Die fiktive Realität. Dr. Christian Hißnauer im Gespräch mit Alexander Karl, 09.10.2013

Egal ob Doku-Soap oder Reportage – Dokumentationen in allen erdenklichen Facetten flimmern tagtäglich über die Bildschirme. Doch eines zeichnet sie alle aus: Sie enthalten immer auch Fiktion. Ausführlich hat sich Dr. Christian Hißnauer, Jahrgang 1973, mit den diversen Doku-Formaten beschäftigt und promovierte 2010 mit seiner Arbeit über „Fernsehdokumentarismus: Theoretische Näherungen, pragmatische Abgrenzungen, begriffliche Klärungen“ an der Universität Göttingen. Heute ist er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig.

Alexander Karl sprach mit ihm über die Fiktion in Dokumentationen, die Darstellung der RAF und Daniela Katzenberger.

Herr Hißnauer, für Sie zählen auch Reality-TV-Formate wie Big Brother zur Dokumentation. Worin liegt das wissenschaftliche Interesse, Formate wie “Big Brother” und “Daniela Katzenberger – Natürlich blond” zu untersuchen?

Weber, Thomas: The Hybridization of German Documentary Formats since the 1990s, 25.11.09

AVINUS Magazin Sonderedition Nr.7, Berlin 2009.

Kompletter Aufsatz als PDF-Version: The Hybridization of German Documentary Formats since the 1990s

Abstract:

The diverse documentary formats – with their “relatively random thematic content” (Mühl-Benninghaus) – now seem to have nearly no common denominator. Not considering affirmative formats (travel, instructional, industrial films and the like), it is remarkable how – regardless of individual filmmakers’ ambitions (and the quality of their films) – each documentary format attempts to underwrite its promise of authenticity through calculated interruptions and flaws, i.e. by refuting the traditional logic of conventional depiction. 

Zell, Verena: Innovative Serienvermarktung am Beispiel der US-Fernsehserie Lost, 16.03.09

AVINUS Magazin Sonderedition Nr. 5, Berlin 2009.

Kompletter Artikel als PDF-Version: Innovative Serienvermarktung am Beispiel der US-Fernsehserie Lost

Abstract

Die US-Fernsehserie Lost ist eine der erfolgsreichsten Serien in den USA mit einer ungewöhnlichen dramaturgischen Struktur, die mit einer innovativen Strategie vermarktet wurde. Der Aufsatz skizziert den dramaturgischen Aufbau der Serie und legt den Schwerpunkt auf eine Untersuchung der internet- und mobilbasierten Marketinginstrumente, welche die Fernsehausstrahlungen von Lost optimal ergänzen und damit die Zuschauerbindung stärken.

Allendorf, Leif: Nichts, was Sie sehen, geschieht in Echtzeit. Über die Schwierigkeit, den Verlauf der Zeit synchron wiederzugeben, 17.03.08

Wer war der erste, der eine Geschichte in Echtzeit erzählte? Sie werden es nicht glauben – Heinrich von Kleist. Es handelt sich um die Anekdote aus dem letzten preussischen Kriege von 1810. Der Regisseur Zoltan Spirandelli drehte 1995 einen achtminütigen Film, bei dessen Kinovorführung ein Sprecher den Kleist-Text vorlas. Das Ergebnis: Der gesprochene Text beschrieb exakt die im Film gezeigten Aktionen. “Dieser Kerl, sprach der Wirt, sprengte, ganz vom Staub bedeckt, vor meinen Gasthof, und rief: ‘Herr Wirt!’ und da ich frage: was gibt’s ‘ein Glas Branntewein!’, antwortet er, indem er sein Schwert in die Scheide wirft: ‘mich dürstet.’ Gott im Himmel! sag ich: will er machen, daß er wegkömmt? Die Franzosen sind ja dicht vor dem Dorf! ‘Ei was’ spricht er, indem er dem Pferde die Zügel über den Hals legt. ‚Ich habe den ganzen Tag nichts genossen!’ Nun, er ist, glaube ich, vom Satan besessen-! He! Liese! ruf ich, und schaff ihm eine ganze Flasche Danziger herbei, und sage: da! und will ihm die ganze Flasche in die Hand drücken, damit er nur reite.“

Shapiro, Alan N.: TV’s ‚Lost‘. The Crash Out of Globalization and Into the World, 02.03.07

We Are ‚Lost Together‘

The television show Lost premiered on September 22, 2004. En route from Sydney, Australia to Los Angeles, California, USA, Oceanic Airlines Flight 815 crashes on an unknown Island in the South Pacific. The 48 survivors find themselves in hostile surroundings. Combining elements of drama, mystery, science fiction, fantasy, adventure, thriller and Reality-TV, Lost is arguably the most original and influential TV program since Star Trek in the 1960s. It is at the forefront of the ongoing total revolution of suspenseful content and technological creativity in television. It has received all the major industry awards in the USA, such as the Emmy and the Golden Globe. It is seen in more than 70 countries. An Informa media survey of 20 countries concluded in July 2006 that Lost is the second most viewed TV show in the world (behind CSI: Miami). In my media studies writing on Lost, I continue my project of inventing the literary genre of theory-fiction that I began in my book Star Trek: Technologies of Disappearance (called by Istvan Csicsery-Ronay, Jr. in the academic journal Science Fiction Studies one of the most original works in the field of „science fiction theory“ since 1993). Now going further than the retelling of stories, I write first-person phenomenological narratives of what each of the 14 major characters of Lost is feeling, perceiving, thinking, and experiencing from moment to moment. It starts in the opening scene of the Pilot Episode with the predicament of Dr. Jack Shephard, who awakens in the woods after the plane crash with a painful flesh wound in his side that I see as metaphorical for the unexamined psycho-biographical wound of men in today’s global culture. I develop a new men’s movement theory that departs significantly from all currently circulating gender theories. More generally, my view of Lost is that it is telling us more about where we are after September 11, 2001 than any other discourse that has tried to define our situation following that Event. The crash of Lost is the crash of the terrorists‘ planes into the Twin Towers. Like the survivors on the Island, we confront an entirely new reality for which there is no preexisting explanation and no road map. We are truly Lost Together.

Preckel, Anne: Die Telecollage ‚Blob‘. Eine Studie über die italienische Fernsehsendung ‚Blob‘, 15.05.06

AVINUS-Autorin Anne Preckel untersucht die Sendung Blob als medienskeptischen Ansatz im italienischen Fernsehen, in der durch Techniken wie Dekontextualisierung und Montage aktuelles Zeitgeschehen parodiert und der Zuschauer zu kritischer Reflexion angeregt wird.

Die Wirklichkeit erzeugende Eigenschaft des Fernsehens besteht darin, dass es seine eigene Medialität vergessen macht. Das bezieht sich sowohl auf die Erzeugung einer zweiten Form von medialer Wirklichkeit durch das Fernsehen insgesamt, als auch auf die Wirkung der Fernsehproduktionen im Einzelnen. Während bei fiktionalen Filmen die Ebene der Vermittlung zugunsten einer „anderen“ Wirklichkeit in den Hintergrund tritt, bleibt diese bei nichtfiktionalen Sendungen ein Stück weit sichtbar. Doch auch diese Sendungen arbeiten am Verstecken ihrer medialen Künstlichkeit.