von Michael Tillmann
- BOUDON, Raymond: Pourquoi les intellectuels n’aiment pas le libéralisme. Odile Jacob, Paris 2004. ISBN: 978-2738113986.
Raymond Boudon ist vielleicht der angelsächsischste der französischen Soziologen. Als brillanter Vertreter des methodologischen Individualismus, der gewöhnlich – zu Unrecht, wie der Autor mit zahlreichen Verweisen auf das methodische Vorgehen Tocquevilles, Durkheims und Webers belegt – einer angelsächsischen Wissenschaftskultur zugeschrieben wird, ficht er in Frankreich oder zumindest in der französischen Öffentlichkeit in der Tat einen einsamen Kampf gegen das – wie er es nennt – holistische Denken eines Bourdieu, Foucault, Girard, gegen die methodologischen Fragwürdigkeiten des Kulturalismus und Relativismus.[1] Gerade seine letzten Publikationen – ein Interviewband zu seinem intellektuellen Werdegang, seinem Werk und der Lage der Soziologie (2003) und eine soziologische Analyse des oft beklagten Werteverfalls (2002) – zeugen von einem pointierten Gespür für die Formulierung und soziologische Analyse gesellschaftlich relevanter Problematiken.