Über „Lexikon der antisemitischen Klischees“ von Peter Waldbauer

Besprochen von Bastian Buchtaleck

  • WALDBAUER, Peter: Lexikon der antisemitischen Klischees. Antijüdische Vorurteile und ihre historische Entstehung. Mankau, Murnau a. Staffelsee 2007. ISBN 978-3-938396-07-0 Pick It!.

Peter Waldbauer greift mit seinem Buch Lexikon der antisemitischen Klischees ein interessantes und überaus relevantes Thema auf. Leider wird Waldbauer dem Thema nicht gerecht, da er es keineswegs beherrscht. Dies zeigt sich schon in der Einleitung. Denn es mutet komisch an, einem Buch über antisemitische Klischees ein jüdischen Sprichwort – Man hasst die Juden nicht, weil sie es verdienen, sondern weil sie verdienen – voran zu stellen, da es ein Klischee darstellt.

Schon in seiner Gestaltung ist es fragwürdig, warum das Lexikon der antisemitischen Klischees überhaupt ein Lexikon darstellen soll. Die einzelnen – so genannten – Klischees lassen sich nicht lexikalisch nachschlagen, vielmehr sind sie wie in einem Buch nach Themen gegliedert. Darüber hinaus wäre eine alphabetische Sortierung unnütz, da nicht das Klischee benannt, sondern es in eine Frageform eingebettet wird. Die meisten der Klischees beginnen also mit einem W – was, wer, wann. So drängt sich die Vermutung auf, dass es sich aus zwei Gründen um ein Lexikon handelt: Zum einen, weil Lexika eine objektivierende Kraft inne wohnt, die simple Behauptungen zu objektiven Sachverhalten nobilitiert. Zum zweiten können dieselben Argumente in vielen kurzen Lexikonartikeln wiederholt werden, während ein Buch in der Regel nach einem roten Faden verlangt, der sich nicht wiederholt, sondern weiter spinnt.

Inhaltlich ergibt sich die Argumentation, dass Juden gehasst werden, weil sie ihren Mitmenschen in vielen Dingen überlegen sind. Durch die ständige Auslegung von Tora und Talmud ist der Intellekt gestärkt (Seite 51) und durch jahrhundertelange Gefahr und Verfolgung waren die Juden stets gezwungen flexibel zu bleiben (Seite 50). Durch den hinkenden Vergleich zwischen dem ‚plumpen, sesshaft in der Mehrheit lebenden Bauern‘ und dem ‚flexiblen, mit hoher geistiger Mobilität ausgestatteten Judentum‘ kreiert Waldbauer ein Klischee des Juden, das wie eine positive Form von Rassismus anmutet. Dabei darf es natürlich nicht Ziel sein, negative durch positive Klischees zu ersetzen. Leider aber lässt dieser von Waldbauer gemixte Cocktail aus kulturgeschichtlich hergeleiteten Überlegen­heits­bekundungen das wenig glaubhafte Bild eines ‚Über-Juden‘ entstehen. ‚Positiver Rassismus‘, also eine Art der Überlegenheitsbekundung – das soll hier ausdrücklich festgehalten sein – ist genauso verwerflich wie ’normaler Rassismus‘, der von der Abwertung anderer lebt. Denn allzu positive Klischees machen dem ‚Unterlegenen‘ Angst und verhindern den Dialog miteinander.

Die Relevanz des Themas steht außer Frage, doch wurde das Thema, über antisemitische Klischees zu schreiben, weit verfehlt. Auffällig ist: durch die beständige Wiederholung derselben Argumente entsteht das Gefühl, Waldbauer geht es weniger um eine objektive Wahrheit und mehr um seine subjektive Überzeugung. So liest sich das Buch wie ein Pamphlet mit dem Ziel zu belegen, dass die Juden nicht nur zu unrecht verfolgt wurden, sondern kulturhistorisch aus den Verfolgungen und ihrer Minderheit eine Überlegenheit resultiert.

Über eine Einführung in die jüdische Geschichte wird man sicherlich nicht nur besser, sondern auch objektiver und unterhaltsamer informiert. Von Waldbauers Buch Lexikon der antisemitischen Klischees ist dringend abzuraten, denn Waldbauer argumentiert ungenau und verzerrend. Vor allem wiederholt er sich ständig, die Tonart bleibt das ganze Buch hindurch ermüdend gleich.