Männer haben es schwer im Fernsehen. Zumindest, wenn es sich um homosexuelle Männer handelt und deren Beziehungsleben dargestellt werden soll.
Auch wenn in deutschen Soaps wie „Lindenstraße“ oder „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ sowie in amerikanischen Serienhits wie „Six Feet Under“ oder „Glee“ homosexuelle Beziehungen von Männern existieren, wird die Körperlichkeit oftmals verhaltener dargestellt. Wo bei heterosexuellen Paaren ein Abschiedskuss ausgetauscht wird, ist es bei homosexuellen manchmal nur eine Umarmung. Ähnlich verhält es sich mit Sexszenen. Natürlich gibt es Ausnahmen: Die Showtime-Serie „Queer as Folk“ etwa, die Anfang der 2000er das Leben einer schwulen Männerclique abbilden wollte und dies oftmals explizit (und leicht bekleidet) tat. Mit der HBO-Serie „Looking“ folgte zuletzt ein thematisch ähnliches gelagertes TV-Projekt. Doch es scheint so, als wäre die Nische der männlichen Homosexualität zumindest fürs traditionelle Fernsehen zu klein, als dass eine Vielzahl von Formaten angeboten werden könnte.
Doch längst ist die lineare TV-Ausstrahlung mit entsprechenden Produktionen nicht mehr der einzige Weg, um bewegte Bilder mit bewegenden Geschichten an den Rezipienten zu bringen. Anbieter wie Netflix oder Amazon bieten nicht nur für das Fernsehen produzierte Formate zum Streamen an, sondern auch eigene Produktionen wie die Politikerserien „House of Cards“ (Netflix) und „Alpha House“ (Amazon). Darüber hinaus bevölkern das Internet aber auch Webserien, die unabhängig von den großen Onlineanbietern entwickelt und erstellt werden. Die Vorteile unabhängiger Produktionen sind klar: Kreativität und Freiheiten. Die Nachteile: Oftmals fehlende finanzielle Mittel für Produktion und Marketing. Könnte hier die Besetzung von Nischen eine Lösung sein? „Hunting Season“ lässt das vermuten. Die Webserie begleitet den schwulen New Yorker Alex durch sein Leben mit Kumpels und (Sex-) Dates; in der ersten Staffel wurde das alles verpackt in acht Episoden mit einer Länge von neun bis zwölf Minuten. Das Besondere: Die Episoden gibt es zwei Versionen – mit gepixelt und ungepixelt Nacktszenen. Während die gepixelte Version auf LogoTV.com veröffentlicht wurde und mittlerweile frei zugänglich ist, müssen die ungepixelten Episoden gekauft werden. 20,99 Dollar werden für die erste Staffel fällig, um die Schauspieler gänzlich im Adams Kostüm zu sehen.
Für die zweite Staffel wurde aber ein anderes Finanzierungsmodell gewählt – die Crowdfunding-Plattform Kickstarter. Bis zum 6. Dezember 2013 wurde dort Geld eingesammelt, wobei im Spendenaufruf die Beweggründe für diesen Schritt geschildert werden: „Jon Marcus, the creator of the show, paid for Season One out of his own savings, and then he borrowed the money to finish to [sic!] show. […] We made a successful licensing deal with the gay cable network Logo to launch season 1, but they were not able to find sponsorship to pay for more episodes. We have been knocking on doors for a year in the traditional, old-media financing style, but the time has come to embrace new models and we come to you on Kickstarter to ask for help.”
Dieser Hilferuf via Kickstarter war erfolgreich, die Unterstützer steuerten sogar mehr als die erbetenen 150.000 Dollar bei. Gleichzeitig wird aber auch deutlich: Webserien können in Nischen, die vielleicht zu eng für das traditionelle Fernsehen sind, erfolgreich ein Publikum ansprechen. Mehr noch: Das Publikum ist sogar bereit dazu, ein Format finanziell zu unterstützen. Dies trägt zur Diversifizierung des medialen Spektrums bei und ermöglicht gleichzeitig zielgruppenspezifische Produkte, die für das traditionelle Fernsehen aufgrund ihrer Thematik und expliziter Inhalte untauglich erscheinen. Denn so scheint sicher: Nicht in jedem Format umarmen sich homosexuelle Paare zum Abschied. In manchen Formaten dürfen sie sich sogar küssen.
Weitere Informationen zu „Hunting Season“ und weiteren Webserien bietet auch der WebserienBlog.