Jeder, der seinen PC auch zum Spielen benutzt, kennt sie. Fast jeder wird zumindest einmal solch ein Spiel getestet haben. Und für viele sind sie die Inkarnation von PC-Spielen schlechthin: Die Rede ist von Ego-Shootern. Kaum ein Genre im Computerspielbereich erfreut sich einer größeren Fangemeinde als jenes, in dem man in der Ich-Perspektive eine virtuelle Welt erkundet und dabei so ziemlich alles über den Haufen ballert, was einem vor die Flinte läuft.
10 Jahre Spielerfahrung
Zehn Jahre alt wird dieses Genre heuer, und dieses Jubiläum sollte Grund genug sein, sich einmal zu vergegenwärtigen, wie die Geschichte der Ego-Shooter begann – als DOOM auf den Markt kam. Ältere Spieler mögen sich dadurch an ihre eigenen Erlebnisse erinnert fühlen, die jüngere Generation wird danach vielleicht ermessen können, was für eine Erfahrung der erste Ego-Shooter gewesen ist.
Sound und Grafik setzten Maßstäbe
Besonders an DOOM waren schon die technischen Anforderungen. Allein die Demo kam auf drei Disketten und nahm damit so viel Platz ein, wie manches komplette Spiel. Die Zahl verdreifachte sich, wenn man die Vollversion erwerben wollte. Allerdings gab es auch die Möglichkeit, sich DOOM auf CD-ROM anzuschaffen, was beim damaligen Stand der Technik meist auch den Kauf eines passenden Laufwerks bedeutete. Ich nannte die Diskettenversion mein eigen und verzichtete auf das teure CD-Laufwerk; dafür aber war das Spiel Grund genug, sich endlich eine Soundkarte anzuschaffen – eine absolut notwendige Investition. Bereits im Besitz des Spiels verging daher ein Großteil der ersten Nacht mit dem Einbau und der Konfiguration der Soundkarte. Als dann aber alles funktionierte, die Installationsroutine beendet war und DOOM das erste Mal startete, begann eine Sucht, die erst zu Ende war, als ich zum vierten oder fünften Mal die Abschlusssequenz sehen durfte. Die Grafik war ein Meilenstein in der Geschichte der Computerspiele: Die Level, die Monster und selbst die Waffe, die man in der Hand hielt, waren in 3d modelliert. Und auch die Soundausgabe setzte Maßstäbe: Man hörte das Heulen und Ächzen der Gegner, die Explosionen der Geschosse, die eigenen zaghaften Schritte in den leer geschossenen Räumen.
Damals wusste ich noch nicht, was das Spiel mit mir machte. Es fesselte mich auf erschreckende Art und Weise, da ich trotz der tief empfundenen Angst vor dem Dahinter einer jeden neuen Tür und vor dem Auftauchen eines weiteren Zwischen- oder gar des Endgegners immer weiter spielen musste und bei jedem erschossenen Monster ehrliche Befriedigung fühlte. Alles, was außer der eigenen Figur lebte, war böse und musste sterben; am Ende winkte die Rettung der Welt vor der Invasion der dämonischen Gegner. Wahrscheinlich war es genau dieses Spiel-Prinzip, das DOOM so erfolgreich machte und die Basis für so ziemlich alle nachfolgenden Ego-Shooter legte.
Rückblickend gehört dieses Urgestein des Genres zu den Spielen, die man fast eine Lebenserfahrung nennen kann – eine Lebenserfahrung, die nach einem zweiten Teil in gleicher Manier nun eine moderne Fortsetzung erfahren hat.
Doom 3 ohne Weiterentwicklung des Spielprinzips
So wunderbar das Erscheinen von DOOM 3 zum Zehnjährigen auch anmuten mag: Tatsächlich hat sich die Entwicklung des Spiels um drei Jahre verzögert. Man stelle sich vor: Ein ganzes Kreativ-Team musste drei Jahre länger als geplant bezahlt werden. Die Beantwortung der Frage, die sich hier sofort stellt, beinhaltet im Prinzip jede Aussage, die man über DOOM 3 machen kann: Wofür?
Um gleich einmal mögliche Illusionen zu zerstören: In eine Weiterentwicklung des Spiel-Prinzips sind die drei Jahre nicht geflossen. Es mag zwar einige neue Schmankerl in der Steuerung geben, aber DOOM 3 ist nicht erschienen, um mit der Tradition der eigenen Vorfahren zu brechen: Gut und Böse ballern einander nieder; wer am Ende triumphieren wird, steht außer Frage.
Das Spiel verfolgt das gleiche Ziel, wie seine Vorgänger: Der Spieler soll sich fürchten, soll erschreckt und schockiert werden – und trotz allem immer weiter spielen wollen. Diese Maßgabe erfordert eines ganz besonders: eine möglichst hochwertige Darstellung. Und tatsächlich hat man drei lange Jahre fast nur die Technik von DOOM 3 verbessert: Sound und Grafik stellen das momentane Nonplusultra dar. Die Geräusche der Monster und Mutanten jagen einem kalte Schauer über den Rücken, und wenn sie dann vor einem stehen, weiß man nicht, ob man nicht lieber wegrennen, als sich dem Kampf stellen möchte. In dem finsteren Leveldesign wird jede Tür zur Essenz der Frage, welcher fiese Gegner sich dahinter verbergen mag.
Und so kehrt es tatsächlich zurück, das DOOM-Erlebnis – und zwar auf fast allen Ebenen. Einerseits sind nämlich die technischen Anforderungen an die heimischen Computer so hoch, dass viele Interessenten wahrscheinlich aufrüsten werden müssen. Andererseits erreicht das Spiel genau das, was es erreichen will – auch wenn es vom Spielprinzip eigentlich nichts Neues bietet. Grusel, Horror, Shocking halten den Spieler in ihrem Bann – und natürlich die Befriedigung 28 Level lang mit diversen Waffen schauderhaften Gegnern den Garaus machen zu können.
DOOM 3 legt genau wie seine Vorgänger den Finger in die Wunde menschlicher Basisängste und erzeugt mit seiner hochwertigen technischen Ausstattung eine Atmosphäre, die im Ego-Shooter-Genre derzeit ihresgleichen sucht.
- DOOM 3, erschienen bei Activision, 2004