Christoph Hübner gilt als einer der stilprägendsten Dokumentaristen unserer Zeit, und zugleich als einer der Vordenker zur Theorie des Dokumentarfilms. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich in seinem Vortrag vom 19.05.2014 im Rahmen der Ringvorlesung „Medienkulturen des Dokumentarischen“ die autobiographische Werkschau wie von selbst mit Fragen zum Status quo des Dokumentarfilms vermischt.
Christoph Hübner, geboren 1948, erregte gleich mit seinem ersten Dokumentarfilm 1978 großes Aufsehen: Direkt nach seinem Studienabschluss ging er in das damals noch stigmatisierte Ruhrgebiet und begann, sich in den Alltag einer örtlichen Kleinstadt einzuleben und diesen filmisch festzuhalten. Diese Direktheit des Filmens blieb stilprägend für seine weiteren Arbeiten, etwa die zusammen mit Gabriele Voss realisierte achtteilige Dokumentation „Lebensgeschichte des Bergarbeiters Alfons S.“. 1980 mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet besticht dieses biographische Interview durch seinen radikalen Ansatz: Ohne Schnitte besteht der Film lediglich aus einer einzigen Halbnahen-Einstellung auf Alfons S., der auf unnachahmliche Weise seine Lebensgeschichte – und damit zugleich die Geschichte Deutschlands – erzählt.
Und auch die folgenden Werke blieben experimentell. So konfrontierte er Briefe von Vincent van Gogh mit Aufnahmen aus einem Landwirtschaftsbetrieb („Lebensgeschichte des Bergarbeiters Alfons S.“) oder vermischte fiktionale wie dokumentarische Elemente („Anna Zeit Land“). Den vorzeitigen Höhepunkt dieser experimentellen Versuche stellt sein Film „Schnitte in Raum und Zeit“ dar. Gleichzeitig ließ ihn das Ruhrgebiet nie los, es entstanden die mehrteiligen „Emscher-Skizzen“ sowie eine (noch unvollendete) Fußballtriologie („Die Champions“, „HalbZeit – Vom Traum ins Leben“).
Neben diesen künstlerischen Tätigkeiten setzte er sich zugleich umfassend theoretisch mit dem Dokumentarfilm auseinander. So etwa als Dozent an der Filmklasse der Hochschule für Bildende Künste Hamburg (HfbK) oder zuletzt als Autor zusammen mit Gabriele Voss („Dokumentarisch arbeiten“, Berlin 1996.). Für das gleichnamige Projekt bat er zugleich über 13 Filmer wie Volker Koepp und Klaus Wildehahn vor die Kamera, um mit ihnen über ihre Arbeit sowie ihre Ansichten zum Dokumentarfilm zu sprechen. Der Vortrag „Dokumentarisch arbeiten“ stellt nun eine Art autobiographische Werkschau dar, die zugleich zeitgenössische, abstrakte Überlegungen zum Dokumentarfilm präsentiert: