Touraine, Alain: Ségolène Royal am Scheideweg, 30.11.2006

Der Sieg Ségolène Royals bei der sozialistischen Kandidatenkür für die Präsidentschaftswahlen 2007 hat die politische Ausgangslage der Parti socialiste (PS) grundlegend verändert. Die linke Neinsagerkoalition wird sich von dieser Niederlage nicht mehr erholen. Eine heilige Kuh ist geschlachtet. Gleichwohl können sich aus diesem Sieg prinzipiell zwei unterschiedliche Weichenstellungen ergeben.

Einerseits könnte es das Ende bedeuten für eine realitätsferne Linksradikalenrhetorik. Lange schon, zumal seit 1981, pflegt die Linke einen denkbar radikalen und antikapitalistischen Diskurs. Der Sieg der Gegner der europäischen Verfassung ging – auch in den Reihen der Sozialisten – mit kraftstrotzenden Kommentaren einher, denen zufolge Marktwirtschaft und soziale Gerechtigkeit unvereinbar seien und mithin der Einfluss des Staates und des öffentlichen Sektors auf die Wirtschaft ausgebaut werden müsse.