„Swimming Pools“: Inszeniert von Jacques Deray und François Ozon

Besprochen von Halina Rasinski

  •  Der Swimmingpool (La Piscine), Regie: Jacques Deray, Produktion: Frankreich, Italien 1969, Laufzeit: 120 Minuten.
  • Swimming Pool, Regie: François Ozon; Produktion: 2003, Laufzeit: 99 Minuten.

Das Spritzen von Wasser durchbricht die heiße Stille von blauem Pool, blauem Himmel und Ferienhaus. David Hockneys Bild „A bigger Splash“ aus dem Jahr 1967 könnte für Jacques Deray’s „La Piscine“ („Der Swimming Pool“)von 1968 Pate gestanden haben: Alain Delon liegt dekadent am Rand eines Pools, leert die letzten Tropfen aus einem Glas. Jemand springt, er wird nass, Romy Schneider taucht auf, glänzend vom Nass, und legt sich auf ihn.

Jean-Paul (Alain Delon) und Marianne (Romy Schneider) machen Ferien an der Côte d’Azur. Privat ist das Traumpaar dieser Zeit schon getrennt. Im Film verleben sie aber noch heiße Stunden. Bis Harry (Maurice Ronet) mit seiner Tochter Pénélope (Jane Birkin) kommt. Jean-Paul, eifersüchtig wegen des vertraulichen Verhältnisses seiner Freundin zu ihrem alten Freund Harry, nimmt Pénélope ins Visier. Die Spielrunde ist eröffnet.Marianne, die Poolnixe, beobachtet und beherrscht die Szenerie. Eines Nachts kommt Harry betrunken nach Hause und wird vom ebenfalls betrunkenen Jean-Paul in den Pool geschubst. Jedes Mal, wenn Harry versucht, aus dem Waser zu steigen, stößt der andere wieder hinein. Aus einem vermeintlichen Scherz zwischen Rivalen wird tödlicher Ernst. Ein scheinbar emotionsloser Alain Delon taucht seinen Widersacher unter Wasser, bis dieser tot an der Oberfläche des Pools schwimmt.

Diese Szene ist der großartige Höhepunkt eines Spannungsaufbaus voll kühler Erotik. Keine Wutausbrüche, keine Sexszenen, es wird alles nur angedeutet. Die Kamera fährt an Romy Schneiders Körper entlang und ruht auf den Beinen von Alain Delon. In langen Einstellungen defilieren die Stars am Rande des Pools, dessen Kanten in die Horizontalen des Bildes schneiden wie die Blicke, die sie sich gegenseitig zuwerfen. Eifersüchtig und begehrlich. Es bleibt alles an der Oberfläche. Die glatte Haut wie das Wasser des Pools, die leichten Jazzklänge und das Lächeln von X. Alles ist schön.

Ein Kriminalbeamter versucht, einzudringen in das Geheimnis, aber Marianne – inzwischen Mitwisserin des Mordes – schweigt. Der Mord wird letztlich nicht aufgeklärt, Pénélope, das Kind, fährt nach Hause. Die beiden Verschwörer bleiben zusammen. Es ist Herbst geworden und die Blätter rauschen.

So auch bei François Ozons Remake, „Swimming Pool“. Die Blätter spiegeln sich am Anfang des Films allerdings nicht im Pool, sondern in der Themse. Sarah Morton (Charlotte Rampling) verlässt London, um sich im Ferienhaus ihres Verlegers (Charles Dance) inspirieren zu lassen. Sie richtet sich mit Magerquark und etwas Alkohol in diesem Haus ein und betrachtet den abgedeckten Pool. Als sie die Plane hochhebt, sieht sie nur welkes Laub.

Unangemeldet erscheint die Tochter ihres Verlegers, Julie (Ludivine Sagnier). Sie trägt bauchfrei und bringt jeden Abend einen anderen Mann mit nach Hause. Sarah Morton sieht ihr dabei zu. Nach anfänglichem Ärger kommt ihr eine Idee für einen Roman. Sie liest heimlich das Tagebuch der jungen Frau, in dem ein Photo von Romy Schneider prangt.

Die Kamera fährt am Körper des Mädchens entlang und stoppt bei den Beinen eines Kellners aus dem Dorf. Nachdem Sarah, Julie und dieser Kellner tüchtig gefeiert haben, ist dieser plötzlich verschwunden. Sarah entlockt Julies Geständnis: Sie hat den Mann erschlagen, weil er nicht mit ihr schlafen wollte. Gemeinsam begraben sie ihn. Am Schluss sind wir wieder in London und begreifen, dass Julie nur eine Fantasiefigur von Sarah Morton war, eine Inspirationsquelle für ihr neues Buch.

Die Plotpoints, von der Ankunft Julies bis zu dem Mord, wirken unmotiviert und konstruiert. Ozons Referenzen sind durchschaubar: Miss Marple, der Horrorfilm, Jacques Derays Original. Der Film ist ein einziges Spiel mit Zitaten. Aber wo „La Piscine“ durch die klare, einfache Form des Kammerspiels überzeugt und die Spannung durch die Enge des Raumes erzeugt – wir verlassen das Haus nur für eine Autofahrt der beiden Kontrahenten und kurze Szenen am Ende des Films im Polizeirevier und am Flughafen – verstrickt sich Ozon in seinen Realitätsebenen. Jacques Deray erzeugte Erotik dadurch, dass Delon mit einem Zweig über Romy Schneiders Rücken streicht. Ozon zeigt explizite Sexszenen, aber hinter seiner Oberfläche ist nichts. Sein Film bleibt daher kalt, fast unerotisch. Seine Geschichte baut keine Dramatuik auf wie „La Piscine“. Der Zuschauer mag sich in Marpel’scher Spitzfindigkeit vergnügen – der fade Geschmack von Magerquark bleibt. Bei diesem Film könnte man zu dem Schluss kommen, die neunziger Jahre könnten sich in punkto Erotik mit den Sechzigern nur noch in der Phantasie messen. Dabei hat „Bungalow“ von Ulrich Köhler kürzlich bewiesen, dass ein Pool immer noch die Kulisse für trügerische Leichtigkeit, sexuelle Anziehungskraft und aufgestauter Aggressionen sein kann.