Über „Amundsen – Bezwinger beider Pole“ von Tor Bomann-Larsen

Besprochen von Ronald Klein

  • BOMANN-LARSEN, Tor: Amundsen. Bezwinger beider Pole: Die Biographie. Marebuchverlag, Hamburg 2007. ISBN 978-3-86648-068-1.

Der Norweger Roald Amundsen gilt als einer der größten und wagemutigsten Entdecker des 20. Jahrhunderts. 1911 erreichte er mit seiner Expedition als Erster die Antarktis. Doch seine wahre Leidenschaft galt dem Nordpol, den er 1926 mit dem Luftschiff „Norge“ überflog. Nur zwei Jahre später verschwand Amundsen mit seinem Flugzeug nahe der Bäreninsel beim Versuch, den Italiener Umberto Nobile zu retten. Bis heute wurden nicht einmal Wrackteile der Maschine gefunden. Allein die Expeditionen und das tragische, aber einem ambitionierten Entdecker angemessene Ende, bieten Stoff für ein spannendes Buch. Amundsen, der nicht nur von den eisigen Polen fasziniert war, sondern auch die Details seines Privatlebens im Kältecontainer verschloss, schrieb seine Erlebnisse selbst (um), z.B. in „Die Jagd nach dem Nordpol“. Der norwegische Historiker und Publizist Tor Bomann-Larsen montiert pointierte Auszüge daraus mit historischen Quellen. Durch Zufall stieß er auf Original-Dokumente Amundsens, die jahrzehntelang in einer Kiste auf einem Osloer Dachboden schlummerten. Nach akribischer Auswertung der Original-Quellen und der Zeugnisse von Zeitzeugen entstand eine 700 Seiten starke, fesselnde Biographie. Bomann-Larsen bewahrt die nötige Distanz (die vielen Biographen leider abgeht), verzichtet aber umgekehrt darauf, Amundsen komplett zu demontieren. Das Bild des großen Polarforschers verschiebt sich nach der Lektüre ohnehin. Der permanent in Geldschwierigkeiten steckende Amundsen fungierte als wahrer Marketing-Stratege, der seine Mission derart gut verkaufte, dass private Gönner, aber auch staatliche Unterstützung, seine Unsummen verschlingenden Unternehmungen deckten. Doch Amundsens Schicksal, der von sich selbst behauptete: „Hier bin ich also – das Pendant des Fliegenden Holländers, verdammt zur lebensgefährlichen Fahrt im Eismeer“, waren nicht nur die Pole, sondern ebenso die Frauen und die Politik…Packend, humorvoll, aber nie reißerisch geschrieben, verfasste Bomann-Larsen eine gelungene Biographie, die auch Leser in den Bann zieht, die sich nicht automatisch durch Eismeere und Entdeckungsfahrten angesprochen fühlen.