Die Skeptiker: DaDa in Berlin (Rozcomb Records)

Besprochen von Ronald Klein

  • Die Skeptiker: DaDa in Berlin, 2007.

Vor einem Jahrzehnt hätte sich die explizite Vorstellung der 1986 in Ost-Berlin gegründeten Band erübrigt. Die Skeptiker galten als eine der wichtigsten und originellsten deutschen Punk-Combos. Nach einigen Kassetten-Veröffentlichungen erfolgte zum Mauerfall das Debüt-Album „Harte Zeiten“, das poetisch und gleichsam unsentimental die Endzeitstimmung der DDR einfing. Die Texte ließen sich aber auch auf das wiedervereinigte Deutschland übertragen: Stillstand, Ausgrenzung, Homophobie, Zwang zur Konformität funktionieren systemübergreifend. Die ausgefeilte Lyrik und die außergewöhnliche Stimme des Sängers Eugen Balanskat sprengten das Punk-Korsett. Die Presse glaubte die deutschen „Dead Kennedys“ entdeckt zu haben. Doch derartige Vergleiche kennzeichneten nur den verzweifelten Versuch, etwas Eigenständiges zu kategorisieren. Mit den darauffolgenden Scheiben „Sauerei“ (1991) und „Schwarze Boten“ (1993) erweiterten sich die Facetten wiederum. Zorniger Widerstand, artikuliert in „Straßenkampf“ oder „Deutschland halt’s Maul“ (auf die die Band leider oftmals reduziert wurde) trafen auf literarisch inspirierte Liebeslieder („Pierre und Luce“ – nach Romain Rolland) und dunkle, resignierte Lyrik (z.B. „Der Rufer in der Wüste schweigt“ oder „Komm tanzen“). 1995 erfolgte mit „Stahlvogelkrieger“ das ungewöhnlichste Album in der Bandgeschichte. Der moderne Sound, eine Mischung aus harten Metalriffs und elektronischen Elementen wurde erst ein paar Jahre später populär und kommerziell erfolgreich. Das Werk überforderte anno dazumal zahlreiche Fans. Auch Punk erscheint bisweilen sehr konservativ. Nach „Wehr dich!“ (1998) lösten sich die Skeptiker auf und ließen ihre Anhänger lange bezüglich einer möglichen Rückkehr bangen. Ende des letzten Jahres erfolgte das Comeback. Die Club-Tour und die Festivals bewiesen die Wichtigkeit der Berliner auch nach einem Jahrzehnt Abstinenz: Balanskats treffsichere Texte wurden lange vermisst und auf den Gigs Zeile für Zeile vom Publikum mitgesungen. Da die alten Alben schon lange nicht mehr erhältlich sind, markiert „DaDa in Berlin“ die Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart: 13 neu eingespielte Klassiker und zwei gänzliche Neu-Kompositionen. Erstaunlich wie aktuell selbst die Texte wirken, die 20 Jahre auf dem Buckel haben (z.B. „Strahlende Zukunft“). Musikalisch klingt die Band kraftvoll und agil wie eh und je. Mit Nostalgie hat die Re-Union nichts zu tun. Album und Konzerte präsentieren die fünf Musiker in Spiellaune, deren Energie sich sofort auf das Publikum überträgt. Die neuen Songs „Kein Weg“ und „Verraten und verkauft“ fügen sich organisch neben die Klassiker und das Programmatische des Bandnamens: „Freiheit nicht nur in Gedanken / Sie wurde wahr gemacht / Diktatur in Agonie / Wir hatten Illusionen / Träume sind verraucht / […] Weder Osten oder Westen / Waren erstrebenswert / Korrumpierung wieder da / Neue Ufer sind die Besten / […]“. So klingt der letzte Track „Verraten und verkauft“ wie die Zusammenfassung der Bandgeschichte zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung. Die darauffolgende Ernüchterung führte aber noch (nicht) zur Resignation. Das springt beim Hören sofort über und macht Lust auf mehr!

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