Keira Knightley – postfeministisch inflektiert: King Arthur

Besprochenvon Beatrice Michaelis

  • King Arthur, Regie: Antoine Fuqua, Produktion: USA, Irland, Großbritannien 2004, Laufzeit: 121 Minuten.

Auf der verzweifelten Suche nach einer Genealogie für unerkannt bleibende starke politische Führer und wahre Helden, die für die Freiheit einer Nation, ja der ganzen Welt kämpfen, macht sich der Produzent mit den Hollywood-weit besten Verbindungen zum Pentagon, Jerry Bruckheimer, nun gemeinsam mit dem Hobby-Historiker, Halbtags-Archäologen und Freizeit-Drehbuchautor David Franzoni über den alteuropäischen Artus-Mythos her.

Die historische “Wirklichkeit” des Hobby-Historikers und Halbtags-Archäologen

Der beste Teil des sinnfällig King Arthur betitelten Films kommt im Grunde noch bevor die Bilder zu laufen beginnen: In einer Einblendung werden der geneigte Zuschauer und die noch geneigtere Zuschauerin darüber informiert, dass es sich bei dem folgenden Film um die historische Wahrheit, ja um nichts als die Wahrheit handele. Alle HistorikerInnen hätten bisher geirrt, doch nun sei es, unter anderem durch archäologische Funde (welcher Art, wird leider nicht spezifiziert), gelungen nachzuweisen, dass es Artus wirklich gab. Gleich nach dem Vorspann droht uns dann auch „the untold true story that inspired the legend.“ Dieser Film rückt einige historische, manchmal auch ganz persönliche, Fehlannahmen zurecht. Wir wissen jetzt endlich auch, dass Artus schwarze Locken und keinen Bart trug. „Marmor, Stein und Eisen Schlicht“: Wie schon andernorts kommentiert (Rezension in der Berliner Zeitung nebst Interview mit Michael Mecklenburg, FU), verspielt King Arthur in seinem blödsinnigen Insistieren auf der historischen Wahrheit sowohl die Sympathien von Filmliebenden als auch jegliches Mitgefühl von MediävistInnen.

Til Schweiger als Sachsenführer

Selbst wenn man sich bemühte, über diese Anfangswehen des Filmes mit freizeitlichem Stumpfsinn hinwegzusehen, belohnt der weitere filmische Verlauf das wohlgemeinte Abschalten des Gehirns nicht mit guter Unterhaltung. Die in einer grausigen Pastiche aus literarischen Texten, Sagenstoff, und – vergessen wir sie nicht – historischen Fakten zusammengezerrten Ritter der Tafelrunde reden misogyn und plump männerfreundschaftlich daher, die Kampfszenen hätten besser nie stattgefunden und Til Schweiger als Sohn des Sachsenführers wäre passender als Co-Moderator seiner Frau in RTL2-Pampers-TV besetzt worden.

Guinevere ohne Affäre

Auch von Artus wollen wir nicht schweigen. In der Bruckheimerschen Geschichtsschreibung ist er ein Rom-loyaler Heeresführer, der schmerzhaft erfahren muss, wie gefährlich es ist, Mythen als historische Wahrheit zu begreifen. Sein Rom, für das er mit seinen Kumpanen gegen die Sachsen und zunächst noch die Woads kämpft, existiert so nicht mehr. Desperat sucht er nach einem höheren Sinn, nach einem common cause, einer metaphysischen Motivation seines irdischen Schuftens, doch erst im Koitus mit Guinevere findet er zu sich, seinem Volk und seiner Berufung: die Befreiung der Briten von den Sachsen, auf dass sie ewig free, free und nochmals free sein werden. Glücklicher Artus, dass der Drehbuchschreiber ihm nicht auch die Affäre Guineveres mit Lancelot zugemutet hat. Das wären wohl zu viele Enttäuschungen für den gebeutelteten Heros gewesen. Und so zeigt der Film, dass schon Anno Domini 452 Monogamie die Quelle ist, aus der Weltbefreier ihre Kräfte ziehen.

Postmoderne Guinevere

Allerdings ist Guinevere eine durchaus postfeministisch inflektierte Figur. Ihren stärksten Auftritt hat sie nicht etwa, wenn sie sommerlich bekleidet Pfeile durch den immer dichter werdenden Schneesturm schießt (auch wenn solch eine Temperaturunempfindlichkeit bemerkenswert ist, aber nur wenn man nicht weiß, dass im hochsommerlichen Irland gedreht wurde), sondern als sie auf Lancelots indirekte Vergewaltigungsdrohung, im angreifenden Sachsenheer seien eine Menge einsamer Männer, entgegnet: „Don’t worry, I won’t let them rape you!“ Unerklärlich bleibt, warum einzig die Guinevere postmodern angeschwipst und ein bisschen widerständig daher kommen darf, während sich alle männlichen Charaktere unglaublich bierernst – oder sollte man sagen meternst? – nehmen.

Wer sich nun berufen fühlt, Produzent Bruckheimer, Regisseur Fuqua und Drehbuchautor Franzoni über die spärlichen historischen Quellen, die literarische und mythologische Überformung und die politische Instrumentalisierung der Artus-Figur zu informieren, möge zunächst das Lexikon des Mittelalters, S. 1074ff., konsultieren. Man kann es aber auch einfach sein lassen.